WiYou.de - Ausgabe 05/2014 - offizielles Messemagazin zum Forum Berufsstart - page 8

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Hey Nick, guten Morgen, wobei, es ist gleich zehn Uhr, da hast du
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als Morning Show –Moderator doch eigentlich schon Feierabend?
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„Leider nicht. Meine Sendung ist zwar um neun zu Ende, aber der Arbeitstag
noch lange nicht. Nach einer kurzen Pause geht’s weiter. Auswertung der letz­
ten Sendung mit dem Chef, Sendung für den nächsten Tag vorbereiten … “
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… manchmal auch ´n Interview.
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„Ja genau. Also, was will WiYou wissen?“
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Na zum Beispiel: Wie wird man Radiomoderator?
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„Man ist eigentlich ein Rundfunkredakteur, der moderiert. Und das auch nur,
wenn der Sender das möchte. Ich selbst wollte ja nie moderieren, zumal ich
meine Stimme ganz grausam finde. Das kam dann einfach so.“
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Einfach so? Sie werden dich ja nicht von der Straße gefangen und
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ans Moderationspult gezwungen haben?!
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„Ich wollte beruflich in eine ganz andere Richtung gehen, habe ein Jura­
studium in Jena angefangen und nur nebenher im Hörerservice bei einem
Radiosender gearbeitet. Das war dann irgendwie cool und ich dachte, ich ma­
che da mal ein Redaktionspraktikum. Auch das war super, also hab ich mich
spontan bei TOP 40 für ein Volontariat beworben. Hätte das nicht geklappt,
hätte ich weiter studiert. Da aber gerade eine Stelle frei war, hieß es: ‚OK. Ach
und: Sie moderieren jetzt den Nachmittag.‘“
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Die haben dich als Gerade­noch­hinter­den­Kulissen­Praktikant also ohne
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weitere Ausbildung direkt auf die Hörer losgelassen?
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„Ja, irre. Ich hab mich zwar gefreut, aber ich wusste irgendwie gar nicht, was
da eigentlich auf mich zu kommt. Ich kannte mich mit der Technik nicht aus
und sollte plötzlich ich in die Öffentlichkeit geschubst werden, innerhalb von
zwei Tagen. Ich bin dann erstmal kotzen gegangen.“
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Klingt nach Lampenfieber. Wie war denn dann die erste Sendung?
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„Das Schlimmste, was mir jemals passiert ist. Ich hab alles falsch gemacht, was
ich falsch machen konnte. Intros liefen mit dem Wetter, Werbung dafür gar
nicht. Ich hab nicht mitgekriegt, was mir die Stimme im Hintergrund gesagt
hat, dann zweimal den Verkehr vorgelesen und immer die falschen Knöpfe ge­
drückt. Außerdem hab ich furchtbar geschrien, weil ich die Kopfhörer zu leise
eingestellt hatte und dachte, man hört mich nicht. Es war furchtbar, weil ich
Seine Stimme weckt dich morgens, er steht mit dir auf und dann unter der Dusche, ist dabei, wenn du
dich anziehst, den ersten Kaffee des Tages trinkst und eigentlich gibt er gar keine Interviews. Für WiYou
hat Nick von der Radio Top 40 Morningshow aber mal ´ne Ausnahme gemacht.
WiYou . Wirtschaft und Du . Ausgabe 5­2014
Kultur.Block
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On Air! Morgens mit
Nick, unzensiert.
eigentlich ein Perfektionist bin und will, dass jede Sendung perfekt wird.“
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Dabei wirkt das alles so locker flockig aus dem Handgelenk.
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„Und so soll das sein. Aber alles was man da hört, plane ich vorher auf den
Punkt. Natürlich passieren auch mal Sachen spontan, aber meine Co­Mode­
ratorin Katharina weiß mittlerweile, wie sie dann reagieren muss, damit es
dramaturgisch trotzdem noch funktioniert.“
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Und zwar inzwischen so gut, dass man dich in den Morgen versetzt hat.
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„Auch wieder von heute auf morgen, die vorherige Kollegin hat den Sender
gewechselt. Dann fragte der Chef: ‚Wollen Sie nicht?‘. Ich hab gesagt: ‚wenn
Sie denken, dass das das Richtige ist, dann bitteschön.‘“
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Als Dank dafür machst du jetzt immer Witze auf seine Kosten.
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„Er weiß ja, dass ich ja eigentlich auch mehr auf einen fiktiven Chef anspiele.
Ich finde es toll, dass er mir so viel freie Hand lässt, und dass er mir die
Morning­Show zugetraut hat.“
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Warum ist die Morning­Show im Radio etwas Besonderes?
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„Sie ist das Zugpferd eines Senders, das hat mit dem Hörerverhalten zu tun.
Man zappt nicht hin und her, sondern bleibt bei einem Sender. Man will un­
terhalten, informiert, aber nicht genervt werden und baut eine Beziehung zum
Moderator auf. Ich bin der, mit dem du morgens wach wirst, das ist schon sehr
intim und nochmal ganz anders als am Nachmittag.“
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„Ganz anders“ ist auch deine Art zu moderieren,
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die nicht nur Fans hat.
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„Ich sag, was ich denke, unzensiert. Wenn jemand beleidigt werden muss, weil
er es verdient hat, dann passiert das eben auch. Als ich angefangen habe, ist
ein Shitstorm deluxe losgebrochen. Die Hörer erwarten einen netten Mode­
rator, der sie unterhält. Wenn der dann auch mal sagt, was er scheiße findet,
sind sie erschrocken. Aber ich sprech nicht als Radio Top 40, sondern als Nick.
Und ich habe eine eigene Meinung, die ich zum Glück äußern darf. Ich sage,
‚wählt nicht die NDP‘ oder ‚der nächste Song ist Mist‘, so bin ich.“
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Apropos Songs, wer bestimmt das Musikprogramm?
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„Die Musikredaktion. Ich bekomme einen fertigen Plan, den ich dann mit
Moderationen fülle, die von der Musik völlig autark sind.“
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